Manchmal könnte man meinen, dass der heutige Zeitgeist nichts mehr als wahrhaftig anerkennt, was nicht irgendwie messbar, quantifizierbar und als «peer review»-begutachtete Studie präsentierbar ist, egal ob der Inhalt von dieser schlussendlich wirklich eine glaubhafte Realität widerspiegelt oder überhaupt in irgendeiner Art und Weise relevant ist.
Die Erwartungen und Hoffnungen, die man als Gesellschaft auf die Zukunft setzt, sind sicherlich ein solches subjektives Phänomen, das aber deshalb keineswegs weniger bedeutsam ist. Tatsächlich wird die Bedeutung solcher Erwartungen stark unterschätzt, denn das geteilte Schicksal ist eine der geistigen Grundlagen, welche eine Gesellschaft als tatsächliche Gemeinschaft, die über das (erneut begrenzet auf das quantifizierbar) Räumlich-Zeitlich-Bürokratische hinausgeht, zusammenbringt.
Es ist nicht verwunderlich, dass dieses Thema kaum noch angesprochen wird, denn wir finden uns in der Situation wieder, dass es keine wirklich motivierenden und inspirierenden Hoffnungen auf die Zukunft gibt, welche der Zeitgeist toleriere. Die Erwartungen auf die kommenden Jahrzehnte begrenzen sich auf so nüchterne Vorstellungen wie weniger CO2 ausstossen, weniger reisen, weniger Auto fahren, weniger Kinder bekommen, weniger Fleisch essen, weniger heizen, in kleineren Wohnungen und auf engerem Raum zusammen leben, usw., usf., und zur Belohnung soll die Welt dafür gerettet werden. Vielleicht.
Man kann getrost sagen, dass es den freudlosesten Puritanern des 17. Jahrhunderts bei solchen bedrückenden Perspektiven schaudern würde. Es gibt keine wirkliche Erwartung darauf, unser Leben auf irgendeine Weise merkbar zu verbessern; nichts, was einen mit inspirierter Zuversicht in die Zukunft schauen liesse. Ausser für manche vielleicht die Möglichkeit, leichtfertig sein Geschlecht zu ändern.
Dass dem so ist lässt sich durch das Ausschlussverfahren nachweisen: Gibt es irgendeine solche Hoffnung auf die Zukunft, welche weit verbreitet und zeitgeistlich akzeptiert ist? Nicht wirklich.
Die Zukunftsvision unserer Gesellschaft ist im Wesentlichen apokalyptisch: Wir müssen verhindern, dass die Welt untergeht. Im allerbesten Fall bedeutet das, dass alles so bleiben wird, wie es ist, und auch das nur mit vielen Opfern die vorher erbracht werden müssen. Die Möglichkeiten bewegen sich auf einem Spektrum zwischen dem, und der Ausrottung der Menschheit. Es ist schwierig, sich bei solchen Aussichten motiviert zu fühlen.
Teile der Jugend sind so sehr von diesem endzeitlichen Ausblick überzeugt, dass sie regelmässig Proteste und Aufstände organisieren, die den Rest der Welt dazu drängen sollen, das schlimmste irgendwie zu verhindern. Die Jugend ist immer sehr passioniert, und es ist ihnen eigentlich weniger übel zu nehmen, dass diese Leidenschaft ihren Lauf nimmt, als nicht, dass die Gesellschaft diese Leidenschaft in diesen engen, bedrückenden Kurs gezwängt hat.
Es ist nicht verwunderlich, dass sich Depressionen und Geisteskrankheit wie ein Lauffeuer unter der Jugend verbreiten, wenn es nicht mehr zulässig ist, einen optimistischen Ausblick auf die Zukunft zu haben. Die Geschichte menschlicher Zivilisation ist die Geschichte von Überwindung, Innovation, Fortschritt. Aber wir leben ja bekanntlich in einem zivilisatorischen Epilog, dem sog. «Ende der Geschichte», da ist es wohl auch nicht überraschend, dass im Anschluss nichts mehr kommt, ausser dem bitteren Ende. Worauf soll man sich da noch freuen?
Freude, so scheint es, wird in unserer Kultur immer mehr verboten. Bei fast jeder Art von Humor, welche nicht gerade politisch nach unten tritt, wittert man Intoleranz, Sexismus, Rassismus und sonstige politische Unkorrektheit. In jeder Tätigkeit, die sich nicht voll und ganz der Nachhaltigkeit verschreibt, wird die angehende Zerstörung des Planeten gesehen. Manchmal könnte man meinen, wir sind von einem moralinsauren Endzeitkult dominiert, welcher in jeder noch so kleinen Quelle der Glückseligkeit nichts anderes sieht, als CO2-Emissionen, Mikroaggressionen, problematische Inhalte.
Doch verborgen hinter der Maske von Wissenschaftlichkeit und Rationalität, welche mit ihren Studien und Forschungen im Besitz der absoluten Wahrheit sein wollen und in dessen Namen jede Freude, jede Aspiration und jede Hoffnung unterbinden, befindet nichts anderes als die kultische Sekte des Szientifismus, welche unser aller Leben kontrollieren möchte, um uns vor der Verdammnis unserer Sünden zu retten. Die schlimmsten Kulte sind sicherlich die, die sich selber rational meinen, denn niemals werden sie ihren religiösen Eifer anerkennen.
Die hieraus entstehende demoralisierte Gesellschaft wird zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung, worin die fehlenden Ambitionen und Hoffnungen schliesslich auch zu einem Ausbleiben von zivilisatorischer Entwicklung führen. Stattdessen setzt die Öde und Langeweile ein, welche der Anfang vom Ende jeder Zivilisation ist.
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